Dienstag, 31. Oktober 2017

Rhetorik von den alten Meistern lernen: Martin Luther

Wir verbinden mit Martin Luther die Reformation. Heute genau wurden vor 500 Jahren wurden die berühmten Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche geschlagen.

Im Frühjahr 1501 begann Luther sein Studium an der Universität in Erfurt. Er besuchte wie im Mittelalter üblich zunächst die Artistenfakultät, die Grundkenntnisse in Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie vermittelte. Im Januar 1505 schloss Luther mit dem „Magister artium“ seine akademische Grundausbildung ab. 

Wir kennen Luther dann als Universitätsprofessor, wohl als einer der berühmtesten zu seiner Zeit auf der Welt. Er beschäftigte sich mit den Finanzierungspraktiken der Kirche, die sich auf den Ablass stützten. 

In diesem Blog ist es für uns aber auch interessant, dass Luther in seiner Universität auch selbst Rhetorik gelehrt hat. Seine Berühmtheit geht nicht nur auf seine Schriften zurück, sondern auch auf Auseinandersetzungen im gesprochenen Wort im Kontext seiner reformatischen Gedanken.

Luther war mit dem Volk vertraut und sprach volkstümlich, jedoch ohne Populismus. In seinem Grundstudium hatte er in den "Sieben freien Künsten" Rhetorik und Dialektik studiert, in Disputationen seine Argumentationsfähigkeit und Schlagfertigkeit gezielt geschult. In seinen seinen Vorlesungen und Predigten verwendete Luther meist eine Stichwort-Gliederung. Um Studenten und die Gemeinde präzise zu beeinflussen, benutzte er eine Sanduhr zur Zeitkontrolle.

Luther beherrschte verschiedene Redeformate. Neben der Predigt natürlich die Vorlesung und die Disputation mit Fachkollegen. Er wandte die Verteidigungsrede genauso an, wie die Polemik. Auch das geistvolle Tischgespräch gehörte zu seinem Repertoire.

Der Zusammenhang zwischen seinen Schriften und seinen Predigten macht deutlich: Sprechen und Schreiben, Schreiben und Sprechen bilden bei Luther eine Einheit. Ausgangspunkt ist dabei durchweg die gesprochene Sprache.

Geblieben sind viele Aussprüche, die auf ihn zurückgehen sollen. Stellvertretend sei der für die Grundsätze der Rhetorik genannt:

"Tritt fest auf, mach`s Maul auf und hör`bald wieder auf!"



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Mittwoch, 27. September 2017

Die neue Rhetorik der Andrea Nahles

Sprache ist ein Geschenk der Geschichte eines Landes. Natürlich verändert sich Sprache. Dieser sogenannte Sprachwandel hat ökonomische, technische und gesellschaftliche Ursachen. Es hat der deutschen Sprache immer gut getan, die Sprache rational und verantwortungsbewusst weiterzuentwickeln. Meistens gingen wir damit behutsam vor (Diktaturen einmal ausgenommen).

Doch was passiert gerade jetzt in den letzten Wochen vor der Bundestagswahl und danach?

Heute antwortet Andrea Nahles auf die Frage, wie es ihr nach dem Wechsel aus dem Kabinett in die Opposition geht, mit der Bemerkung: "Ein bisschen wehmütig. Und morgen kriegen sie in die Fresse." 

Mit sie meinte Andrea Nahles die Kollegen Minister, von denen sie selbst sich gerade vor ein paar Minuten per Handschlag verabschiedet hat. Eigentlich will ihre Partei, die SPD, eine Traditionspartei sein. Natürlich. An den Stammtischen der Arbeiter sagt man das so: in die Fresse kriegen. Aber als Ministerin a. D.? 

Und diese Stammtische von früher gibt es auch nicht mehr. Tradition bedeutet vor allem, mit seiner eigenen Geschichte verantwortungsbewusst umzugehen und diese aktiv weiterzuentwickeln. 

Wenn die Bemerkung von Andrea Nahles zu aktiver Weiterentwicklung unserer Sprache gehören sollte, habe ich hier demnächst noch viel zu schreiben!



 

Sonntag, 24. September 2017

Gaulands Kampfrhetorik

Das vorläufige Ergebnis der Bundestagswahl kommt nicht ohne Erwartung. 

Was mich erstaunt, ist die Kampfrhetorik von Alexander Gauland, die offenbar Millionen Wähler nicht abgeschreckt hat. Und am Wahlabend legt er bei den Provokationen sogar nach. Beispiele gefällig?

„Wir werden Frau Merkel jagen...“ 
Jagen tut man ein Tier, das dann schlussendlich getötet wird. Das ist keine Rhetorik einer Demokratie, sondern die Rhetorik einer Diktatur. Das Problem von Kamprhetorikern besteht darin, dass sie grundsätzlich davon ausgehen, im Recht zu sein. Der Redner will sich garnicht inhaltlich auseinandersetzen. Er will absolute Macht, oder er will Zerstörung.

Bereits Aristoteles befand Kampfrhetorik als ethisch ausgesprochen problematisch. Der Redner benutzt die Kampfrhetorik nicht, um im rhetorischen Wettstreit Erkenntnisgewinn zu erlangen, sondern lediglich seine eigene Meinung durchzudrücken oder das Auditorium zu spalten.

Eine bisweilen starke Färbung der Rhetorik in diktatorische Rhetorik besteht in dem Gauland-Satz „Wir werden uns unser Land und unser Volk zurückholen.“

Mein Kommentar dazu: Deutschland, sei wachsam!



Sonntag, 3. September 2017

TV-Duell: Das Problem des Martin Schulz

Im TV-Duell wird das Problem des Martin Schulz sehr deutlich. Es handelt sich um ein rhetorisches Problem. Ob es ein inhaltliches Problem gibt, kann und will ich nicht beurteilen. Aber die Rhetorik von Martin Schulz möchte ich kurz beleuchten.

In nahezu allen Statements startet Schulz mit vehementen Worten und ich denke spontan, das kommt rhetorisch ganz gut und dann... Dann schließt er nicht ab. Martin Schulz kommt nicht zum Punkt. Ab und zu gelingt es ihm, eine Kernaussage zu formulieren. Aber ganu in diesen Fällen belässt er es nicht bei dieser Aussage. Er macht, wie Rhetoriker sagen, wieder auf und redet weiter und weiter und weiter. Damit wird die Kernaussage entweder zerstört, oder zumindest weich gemacht. 

Diese Beobachtung zieht sich durch das gesamte Interview. 

Hinzu kommt folgendes: Während wir von Angela Merkel eine sparsame Körpersprache gewohnt sind, könnte Martin Schulz in diesem Bereich punkten. Doch genau das versäumt er. Seine Bewegungen sind in der Vielfalt reichhaltiger, aber er bricht in der Bewegung ab. 

Diese Beobachtung teile ich übrigens mit dem Körpersprachen-Trainer #StefanVerra.

Somit stellt sich mir die Frage: Will er wirklich, oder bleibt er provinziell? Aus meiner rhetorischen Sicht: Hier tritt politische Erfahrung gegen einen Versuch an. Der Versuch bleibt immer auf der Strecke und schließt nicht ab. Bis hin zm Schlusswort.

Wie haben Sie das TV-Duell aus rhetorischer Sicht gesehen? Schreiben Sie mir!







Donnerstag, 24. August 2017

400 Jahre Palmenorden

Am 24.08.1617 wurde die "Fruchtbringende Gesellschaft" in Weimar gegründet. Die Fruchtbringende Gesellschaft, auch bekannt unter Palmenorden war die erste bedeutende Sprachakademie im deutschsprachigen Raum!

Wikipedia weiß zu der Gesellschaft folgendes:  

Die Gründung erfolgte "von fünf anhaltischen und sachsen-weimarischen reformierten und lutherischen Fürsten und dreien ihrer Hofleute, darunter dem Gesellschaftsältesten (Caspar von Teutleben. FG 1. Der Mehlreiche. 1617), Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen (FG 2. Der Nährende. 1617) und Herzog Wilhelm IV. von Sachsen-Weimar (FG 5. Der Schmackhafte. 1617), dem eigentlich ersten bzw. zweiten Gesellschaftsoberhaupt.  

In ihrer Imprese zeigt die Gesellschaft die vielfach brauchbare Kokospalme mit der Devise „Alles Zu Nutzen“. Aufgrund ihrer hohen Mitgliederzahl aus dem Adels- und Reichsfürstenstand war sie höfisch, politisch, militärisch und diplomatisch vernetzt. Modell standen die italienischen Renaissance-Akademien, sie knüpfte aber auch an Ritterorden, Adelsgesellschaften und Bruderschaften an und fungierte jedoch nur zum Teil wie eine Gelehrtengesellschaft und literarische Vereinigung."

Und weiter:
„Der Name Fruchtbringend / darum / damit ein jeder / so sich hinein begiebet / oder zu begeben gewillet / anders nichts / als was fruchtmeßig / zu Früchten / Bäumen / Blumen / Kräutern oder dergleichen gehörig / aus der Erden wächset / und davon entstehet / ihme erwehlen / und darneben überall Frucht zuschaffen äußerst beflissen seyn solle.“
(Georg Neumark: Der Neu-Sprossende Teutsche Palmbaum, Nürnberg 1668)"

Der Palmenorden verzeichnete in unterschiedlichen Regionen zu unterschiedlichen Zeiten seine Aktivitäten und hatte mitunter großen EInfluss. 

Hier sehen Sie den gesamten Wikipedia-Beitrag "Fruchtbringende Gesellschaft".

Leider gibt es dato wenig öffentliche Beachtung der sprachlichen Pflege.  
Wie wäre es mit dem nächsten #Rhetorikclub_Potsdam am 18.10.2017 um 16:00 Uhr in Potsdam?

Schreiben Sie mir: s.schwarz@amm-gruppe.de



  






Donnerstag, 17. August 2017

Warum Unternehmensberater nicht beliebt sind

Die Sprache macht es! Da gibt der Deutschland-Chef von McKinsey, Cornelius Baur, dem Focus-Online ein Interview. Das Thema ist die Veränderung der Berufswelt durch die Digitalisierung. Daran und am Inhalt gibt es nichts auszusetzen. Natürlich ist bekannt, dass McKinsey eine weltweite Gesellschaft ist. Amtssprache vermutlich englisch.

Und dann spricht Cornelius Baur im Interview über "Agile Coaches" und "Scrum Master". Dem gutgelaunten deutschsprachigen Leser des Focus-Online verdrehen sich die Augen. Gut, wir können ja ein "Re-Skilling" durchführen und uns der neuen Welt selbst nähern...

Um eines klarzustellen: Die Sprache der Digitalisierung ist durch die technische Entwicklung englisch-geprägt. Aber wenn wir über Berufe reden und in diesem Zusammenhang über Ängste von deutschsprachigen Menschen, dann helfen uns solche Wortgetüme nicht weiter. Das Gegenteil wird der Fall sein. Dabei hat die deutsche Sprache doch so viele wunderbare Möglichkeiten des Ausdrucks! Lassen Sie uns diese Möglichkeiten also nutzen.


Hier gehts zum Interview. Schmunzeln Sie selbst: 


http://www.focus.de/finanzen/karriere/berufsleben/digitalisierung-zukunftsorgen-der-mckinsey-deutschland-chef-hat-gute-nachrichten_id_7437777.html 










Freitag, 11. August 2017

Hadrian wird Kaiser

Am 11. August 117, also vor genau 1.900 Jahren wird Hadrian römischer Kaiser. Literarische Quellen und Fragment überliefern große rhetorische Fähigkeiten von Hadrian und lassen auf eine intensive Ausbildung in Grammatik und Rhetorik schließen.

Er beherrschte die Sprachen Latain und Griechisch perfekt, weitere Sprachen werden ihm nachgesagt. 


Den Quellen zufolge verfügte Hadrian über Scharfsinn, Wissensdurst, Lerneifer und eine rasche Auffassungsgabe (Wikipedia).

Es gibt aber auch überlieferte Stimmen, die sagen, dass er profilierungssüchtig war und sich sogar vor den jeweiligen besonderen Könnern eines Faches aufzuspielen suchte.

Was Rhetorik so alles ausmacht. Ob es damals schon Formate wie "Talk-Show`s" gab? Ein Schelm, des Böses dabei denkt...

Unter dem Strich bleibt sein rhetorisches Können in der Überlieferung. Damit reiht sich Hadrian in die großen Rhetoriker des römischen Reiches und der griechischen Antike ein. 

















Donnerstag, 13. Juli 2017

Christian Lindner und die Bochumer Studenten

Wir beschäftigen uns in diesem Forum immer wieder mit dem Thema Schlagfertigkeit in der Rhetorik. Bei Schlagfertigkeit denken viele immer an den direkten Return in Form von Bumerang, Reflexion, Gegenfragen o. a. (siehe unsere Seminare). Aber natürlich gehört zu Schlagfertigkeit auch das Ausharren und Kontern zum geeigneten Zeitpunkt. In der Praxis sieht das dann aus wie eine Gemengelage. Bei genauem Hinhören (und Hinschauen) ist es aber die Anwendung der Schlagefertigkeitstechniken in zeitlichen Abständen. 

Ein tolles Beispiel dafür liefert der versierte Rhetoriker Christian Lindner vor Studenten der Uni Bochum. 

Zunächst wird Lindner konfrontiert, dann gestört und sogar persönlich angegriffen (z. B. "... verpiss`dich..."). Lindner weicht zunächst nicht zurück, hält dagegen und dann greift er an. Und es gelingt ihm tatsächlich, die Veranstaltung zu drehen.

Im Video der Huffington Post ist das zu beobachten. Schauen Sie sich das an, es ist für rhetorisch Interessierte sehenswert (leider ein sehr kleiner Bildschirmausschnitt):


http://m.huffpost.com/de/entry/17461906 
 
 

Sonntag, 7. Mai 2017

Rhetorik-Club am 05.07.2017

Warum steht der eine im Raum und es ist "Etwas" da und anderen gelingt das weniger? 

Wer zu unserem nächsten Rhetorik-Club am 05. Juli 2017 kommt, war i. d. R. zuvor bei einem unserer Seminare. Trotzdem sind auch neue Interessenten gern gesehen! 


Unsere Themen am 05. Juli: Fortsetzung zur Arbeit mit Bildern und Pausen in Präsentationen und danach Eristik in der Kommunikation.

Über Ihre weiteren thematischen Vorschläge freue ich mich wie immer, natürlich gern auch spontan.

ACHTUNG: Neuer Treffpunkt bei der AMM GmbH ist nun in der Wetzlarer Straße 86 in 14482 Potsdam (hinter Katjes, über Kieser-Training, 3. OG)!

Wie immer gilt: Um den Stammtisch qualitativ durchführen zu können und für Ihr leibliches Wohl zu sorgen, bitten wir Sie um einen Unkostenbeitrag in Höhe von 30,-€. Wir freuen uns über Ihre Rückmeldung bis zum 22.06.2017.


Mit freundlichen Grüßen von




Stefan Schwarz