Sonntag, 7. Februar 2016

Rhetorik und Ideologie

In mehrfachen Posts hatte ich mich zum Thema "Kampf-Rhetorik" geäußert. Nun nehmen die verbalen politischen Attacken im Kontext der Diskussion über die "Flüchtlingspolitik" aktuell von allen Seiten zu. Zeit also, mal wieder aus rhetorischer Sicht auf bestimmte Begriffe zu schauen. Heute: Dunkelziffer und Durchgreifen.

Dunkelziffer: Absolut geeignet, um Behauptungen aufzustellen, die noch nicht einmal die Tendenz eines Beweises benötigen. Die aus dem "Nichts" gezauberte Dunkelziffer kombiniert man am besten mit dem Kunstgriff 1 von Schopenhauer. Also der Widerlegung der vom Gegner gesagten einzelnen Aussagen mit einer durch nichts bewiesenen Zahlenbehauptung mit dem Hinweis, die Dunkelziffer sei noch viel höher...
Na, fallen Ihnen aktuelle Bezüge ein? Gerade laufen viele solcher Beispiele in allen Tagesmedien. Fast schon zum schmunzeln.

Durchgreifen: Genau genommen benötigen wir kein Durchgreifen in unserer Gesellschaft. Wir haben (vielleicht sogar zu-) viele Regeln, deren Einhaltung zu einem sinnvollen und friedlichen Miteinander führt. Wozu also Durchgreifen? Jacob und Wilhelm Grimm schrieben 1840 zu dem Begriff Durchgreifen:

"uneigentlich, kräftige, entscheidende mittel, sein ansehen gebrauchen. die andern waren unschlüssig und zauderten, er aber griff durch. er war schwach und liesz die sache gehen, aber sein nachfolger wuszte durchzugreifen. man hat guten willen zu helfen und thut einiges, aber man greift nicht durch." 

Der Redner wird den Begriff i. d. R. gebrauchen, um sich und seine Position machtvoll(er) darzustellen als sie aktuell ist oder war. Lassen wir den Klang des Wortes vor uns entstehen "Durchgreifen" hört sich mächtig an. Schauen Sie mal in die eine oder andere Talkshow. 

Und dabei nicht vergessen: der Begriff Talk-Show hat zwei Facetten und die Betonung liegt ganz sicher nicht auf Talk.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Start in den Februar und weiter viel Spaß mit der deutschen Sprache!