Sonntag, 8. Juli 2018

Wie der Vorwurf „Lügenpresse“ entsteht

Ich traute meinen Augen kaum. Das stand in der Überschrift sinngemäß „Hund in der Hitze im Auto gelassen - was hat  Helene Fischer damit zu tun“. Natürlich hat Helene Fischer damit nichts zu tun.  Aber es macht sich doch in so einer Titel-Überschrift prima, wenn der meistgesuchte Künstlername Deutschlands dort auftaucht.

Es ist noch nicht solange her, dass aus politischen Gründen Menschen auf die Straße gingen und den Medien den Vorwurf „Lügenpresse“ zugerufen haben. Seriöse Journalisten waren ratlos, die wirklichen Urheber haben sich still verhalten.

Worum geht es? In jedem Rhetorikkurs und jeder Journalistenschule beschäftigt man sich mit dem Thema des Titels und seiner Ausdrucksweise. Und vor allem: der daraus entstehenden Wirkung. Es geht darum, eine möglichst große Aufmerksamkeit des Publikums oder der Leserschaft zu gewinnen.

Wir bezeichnen es übrigens als Druckpunkt der Kommunikation. Doch die Kreation von wirkungsvollen Titeln darf den Rahmen der wahrheitsgemäßen Logikkette nicht verlassen. Überschrift und die ersten vier Sätze müssen den Inhalt wiedergeben!

Was aber, wenn die mediale Kommunikation glaubt, nur durch bedingungsloses Folgen nach Such-Algorithmen bestehen zu können?

Was hat also Helene Fischer mit einem Besucher zu tun, der ihr Konzert besucht und im Auto seinen Hund lässt? Natürlich nichts. Wer käme wohl auf die Idee eine Überschrift zu entwerfen wie: „Mann lässt Hund im Auto. Was hat Penny damit zu tun?“, nur weil das Fahrzeug auf einem Penny-Parkplatz stünde? Wahrscheinlich niemand.

Je größer die Reputation der einzelnen Begriffe in zentralen Botschaften, desto größer die Klickzahl und gegebenenfalls auch die finanzielle Werbequote. Wenn die Logik dabei verletzt wird, dann wird auch der normale Konsument zum großen Kritiker. Auf gut deutsch: das Volk fühlt sich „verarscht“, bestenfalls getäuscht und antwortet mit dem Vorwurf der „Lügenpresse“. Und dann ist dieser Vorwurf auch nicht von der Hand zu weisen.

Bleiben wir also (hoffentlich) gut, bescheiden aber vor allem eins: ehrlich.

Hier geht es zu drei Nachweis-Links:

https://www.tag24.de/nachrichten/gelsenkirchen-hund-leidet-bei-hitze-im-auto-besitzer-auf-konzert-von-helene-fischer-674591

https://www.wa.de/stars/ruecksichtslose-helene-fischer-fans-sorgen-fuer-stadiondurchsage-und-polizeieinsatz-in-gelsenkirchen-zr-10015151.html

https://www.derwesten.de/staedte/gelsenkirchen/helene-fischer-konzert-schalke-arena-gelsenkirchen-hund-feuerwehr-id214777315.html







Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen